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Neues aus der Welt des E-Sports

Interview: Warum Fitness im eSport wichtig ist

„In einem gesunden Körper wohnt ein gesunder Geist“, heißt ein gern genutztes Sprichwort. Felix und Stefanie von Digital Fitness haben sich das Ziel gesetzt, wie der Name schon sagt, eSport mit Fitness zu verbinden. Wir haben die zwei Tiroler befragt, auf was ein eSportler besonders achten sollte.

Hallo ihr zwei! Wie ist denn die Idee entstanden, Fitness für eSportler anzubieten?
Hallo und danke für die Möglichkeit, hier auf ein paar deiner Fragen einzugehen! Die Idee ist entstanden, da Steffi und ich Hobby-Zocker, aber auch passionierte Sportler sind und unter anderem aktiv Klettern. Beim Klettern spielen die Hände ähnlich wie im eSport eine nicht unwesentliche Rolle und sie werden dementsprechend auch separat trainiert (bspw. durch Fingerkraftraining). Wir haben durch unsere Nähe zum Sport das enorme Wachstum von eSport verfolgt und irgendwann kam aus sportwissenschaftlicher Sicht (wir haben beide Gesundheits- und Leistungssport bzw. Sportwissenschaften studiert) die Frage auf, wie die Profi-eSportler denn eigentlich trainieren. Zu unserem Erstaunen gab es dazu recht wenige Informationen und wenn man etwas gefunden hat, kam es einem so vor, als ob die einzig sinnvolle sportliche Betätigung für eSportler das Fitness-Center ist. Zumal häufig nur von Ausgleich „schaffen“ gesprochen wurde. Uns blieb da der Gedanke der Leistungssteigerung etwas außen vor, der aber durch gezieltes Training auch im eSport absolut verfolgt werden kann. Wichtig ist, dass das Training spezifisch und angepasst ist, genau wie in jedem anderen Sport auch. So ist uns die Idee gekommen ein Training zu entwickeln, was beidem gerecht wird. Sprich für Ausgleich sorgt, aber zudem auch Übungen beinhaltet, die eine Leistungssteigerung im Spielen positiv beeinflussen. Man kann sich das Vorstellen wie im Fußball: Vor 50 Jahren wurde einfach gespielt, von Themen wie Athletik-, sensomotorischem oder mentalem Training konnte keine Rede sein. Aber genau hier kam dann die Sportwissenschaft ins Spiel, da es ab einem gewissen Level einfach wichtig ist, das große Ganze in kleine Teile zu zerlegen und bestimmte Bereiche gesondert aufzuarbeiten. Genau das Gleiche gilt für den eSport. Durch unseren eigenen Zockerbackground und unsere Trainingserfahrungen im Klettern (Stichwort Fingertraining) und anderen Sportarten, entwickelten wir ein Konzept, das genau darauf aufbaut.
Zusammengefasst gesagt: Die Tatsache, dass es bei jedem klassischen Sport ein spezifisches Training gibt, es beim eSport allerdings noch wenig bis gar nicht praktiziert wird, hat uns auf die Idee gebracht ein speziell auf den eSportler abgestimmtes Trainingskonzept zu entwickeln.

Esport und Fitness sind sich lange Zeit aus dem Weg gegangen. Erst in letzter Zeit entdeckt der elektronische Sport auch den Vorteil von körperlicher Betätigung. Wieso hat es die Annäherung zwischen dem eSport und Fitness solange gedauert, in euren Augen?
Wir denken, dass das unter anderem mit der Stereotypisierung von Gamern und eSportlern zusammenhängt, die ja lange als die nerdigen Kellerkinder mit Cola und Pizza auf dem Tisch galten. Zudem ist die Gamer-Community ja auch eine sehr loyale und in sich geschlossene, was dann auch den Austausch zwischen eSportlern und anderen Sportarten erschwerte. Der Fakt, dass eSport obendrein meist sitzend praktiziert wird, impliziert für den nicht Eingeweihten ebenfalls nicht unbedingt das Bild eines typischen Sportlers. Unserer Meinung nach ist der Sportwissenschaft nicht bewusst, wie hoch komplex die Spielsituationen sind und das somit auch die konditionellen Fähigkeiten eine große Rolle spielen. Im Gegenzug dazu ist auch vielen eSportlern noch nicht bewusst, dass die Fähigkeiten, die im Game benötigt werden alle einzeln trainiert werden können. Das Problem war und ist vermutlich immer noch, dass die Schnittstelle zwischen dem eSport und dem klassischen Sport nicht gegeben ist und erst jetzt step by step geschlossen wird (Fußballclubs sind da durch Verträge mit FIFA-Profis mit Sicherheit in der Vorreiterrolle). Zudem ist eSport noch eine sehr junge Sportart und wie in jedem anderen Sport müssen sich Strukturen und Herangehensweisen erst mit der Zeit entwickeln. Das alles heißt nicht, dass ein E-Sportler ein Muskelpaket sein muss, um gut zu sein, dafür gibt es ja genug Beispiele. Es zeigt sich aber doch mehr und mehr, dass fitte und trainierte eSportler leistungsfähiger, ausdauernder und letztendlich auch erfolgreicher sind.

Wenn man sich klassische Sportarten ansieht, woran sollte sich ein eSportler orientieren? Oder existiert gar keine Relation?
Wenn man eine Brücke zu anderen Sportarten schlagen möchte, spielen sicher Sportarten mit einer hohen Anforderung an die Hand-Augen-Koordination (bspw. Tischtennis, Fechten, Badminton, etc) eine Rolle, aber auch Denk- und Präzisionssportarten wie Dart oder auch Biathlon haben vergleichbare Elemente. Unserer Meinung nach hat eSport aber ganz eigene Anforderungen und kann bzw. sollte auch wirklich spezifisch trainiert werden, da die Anforderungen im E-Sport sehr spezifisch sind. Wenn man das nicht unbedingt will, bieten die oben genannten Sportarten aber sicher eine sinnvolle Alternative, genau wie auch Fitness-Center, Fußball oder was einem eben Spaß macht. Jede Bewegung ist besser als keine Bewegung und bevor man gar nichts macht, sollte man wenigstens etwas machen, um sich überhaupt zu bewegen, denn Bewegung generell verbessert schon die Gehirnleistung. Spezifisches Training ist aber mit Sicherheit die sinnvollste Variante.

In jüngerer Vergangenheit konnte man vor allem im Segment der Weltklassespieler verfolgen, dass Spieler Handgelenksprobleme durchs Spielen erhalten. Habt ihr Tipps, wie man dem Vorbeugen kann?
Das Problem solcher Verletzungen sind fast immer Überlastungsverletzungen, die es in jedem (Leistungs-)Sport gibt, egal ob Klettern, Ski fahren oder eben eSport. Was passiert bei Verletzungen? Grob gesagt können Strukturen einer bestimmten Belastung nicht standhalten, geben nach oder entzünden sich. Man spricht dann auch von einer „fehlenden Belastungsverträglichkeit“. Im eSport haben wir den Fall, dass die Hände permanent im Einsatz sind und über mehrere Stunden täglich in einer ähnlichen Position verharren. Dafür ist unser Körper nicht gemacht! Genauso ist er nicht dafür gemacht, die Streif am Hahnenkamm mit 140 km/h auf Skiern zu befahren. Man kann den Körper aber auf solche Belastungen vorbereiten und das nennt sich dann Training. Hier wurde im eSport sicher bisher zu wenig gemacht. Bei den Handgelenksverletzungen kommt es darauf an, die Muskulatur und Sehnenapparat so zu trainieren, dass er den langen Zeiten in diesen Positionen standhalten kann. Das kann man durch Fingerkraftraining erreichen, durch aktives Dehnen der Unterarme, oder auch aktive Regeneration bspw. durch „Faszien“rollen, um nur ein paar Möglichkeiten zu nennen. Kurz gesagt benötigt es sowohl Ausgleich- als auch Kräftigungsübungen.

Im eSport wird gern davon gesprochen, dass, wenn man älter wird, die Reflexe automatisch abbauen sollen. Was haltet ihr von dieser These?
Es ist leider Fakt, dass wir ca. mit 25 unser sportliches Leistungshoch erreichen und unser Körper anfängt zu altern, bei dem einen früher, beim anderen später. Mit dem Abbau, der schleichend passiert, passiert viel in unserem Körper, wir bauen schwerer Muskeln auf, Zellen regenerieren sich langsamer und wir werden auch verletzungsanfälliger. Das Wort „Reflex“ wird im Zusammenhang mit eSport etwas inflationär benutzt. Reflexe sind Vorgänge in unserem Körper, bspw. Ansteuerung von Muskulatur, die ohne willentlichen Einfluss stattfinden. Diese zu verbessern ist sehr schwierig und mehr abhängig von chemischen Abläufen in unserem Körper, als von willentlicher Bewegungsgansteuerung. Wichtiger ist eine gute Koordination, was auch von der Verarbeitungsgeschwindigkeit im Gehirn abhängig ist. Also ja, unsere koordinativen Fähigkeiten, die häufig mit Reflexen gleichgesetzt werden, verlieren im Alter an Leistung, ABER sie können sehr lange auf einem hohen Level gehalten werden. Auch kann durch taktisches Geschick und Erfahrung im eSport viel wieder rausgeholt werden. Abschließend muss man auch noch sagen, dass körperliche Aktivität auch diesen Alterungsprozess verlangsamt, was wiederum bedeutet, dass es absolut wichtig für eSportler ist, sportlich aktiv zu sein. Mit (spezifischem) Training kann man also die fallende Leistungskurve abflachen.

Kann man Reflexe so trainieren, dass es keinen Leistungsverlust gibt?
Das ist eine sehr gute und gleichzeitig sehr komplexe Frage. Man muss hier, glauben wir, differenzieren. Denn irgendwann wird der Leistungsverlust eintreten, man kann ihn aber durch eine gute körperliche Verfassung hinauszögern. Worum es im eSport geht sind wie gesagt die koordinativen Fähigkeiten, wie Reaktions-, Differenzierungs- oder Handlungsschnelligkeit. Diese Fähigkeiten wiederum sind sehr gut trainierbar und bleiben auch lange erhalten, wenn sie gut ausgebildet sind. Dafür ist es nötig, sie auf unterschiedliche Weise zu trainieren, damit sie adaptierfähig und strapazierbar sind. Ein Beispiel wäre das periphere Sehen, also das was wir wahrnehmen, ohne unseren Augenfokus daraufzusetzen. Das ist trainierbar und wenn das gut ausgebildet wird, hat man in heiklen und stressigen Spielsituationen einen Puffer für ein evtl. etwas langsamer gewordenes Aim. Auch hier gilt, spezifisches und zielgerichtetes Training macht absolut Sinn und wird helfen die Leistung länger auf einem hohen Level zu halten.

Müssen eSportler zwangsläufig jung sein, um erfolgreich zu sein?
Pauschal sehr schwer zu sagen, aber auch wenn es den Eindruck hat, würde ich sagen „nein“. Wie schon erwähnt spielen Taktik, Erfahrung, Routine und auch Teamführungsqualitäten gerade in den Team eSport-Titeln eine wichtige Rolle. Es geht nicht nur um die schnellste Reaktion, sondern auch um das „Dirigieren“ des Teams und hier sehen wir persönlich erfahrene, „alte“ Spieler als unentbehrlich. Man muss sich halt im Vorfeld Gedanken über die Teamzusammenstellung machen. Fairerweise muss auch gesagt werden, dass natürlich ein Background in dem jeweiligen Spiel vorhanden sein muss. Ein guter CS:GO-Spieler wird sich in einem Fortnite-Squad schwertun, vom Bauen mal abgesehen.
Aber auch da kann der Spagat zum klassischen Sport hergestellt werden, ein Marcel Hirscher wird wohl kaum ein Tennisstar werden und auch er merkt mittlerweile, wo er 30 ist, dass die Saison mehr schlaucht und die Jungen nachkommen und er immer mehr tun muss, um am gleichen Level zu bleiben.

Das heißt mit Ende 29 eine Karriere als eSportler in einem Titel, der enorme Hand-Augen Koordination braucht, ins Auge zu fassen, ist auch aus physiologischer Sicht nicht zwingend ratsam? Denn der Körper baut schon so weit ab, dass es fast gar nicht mehr möglich ist mit einem Anfang „20ig“- jährigen mitzuhalten?
Auch hier muss ich sagen, dazu gibt es keine pauschale Antwort. Aber aus rein physiologischer Sicht ist es wahrscheinlich, dass sich der 29-Jährige schwerer tun wird im Vergleich zum „Jungspund“. Sicher gibt es aber auch hier Ausnahmen, in denen ein „Oldie“ durch richtiges und zielgerichtetes Training nicht doch mithalten kann. Diese Beispiele gibt es ja in jeder Sportart, wo vermeintlich weniger fitte Athleten trotzdem noch in einer Liga mit den besten Spielen, weil sie zum einen das Talent dafür haben, den Willen und auch nach vielen Jahren noch die motorischen Voraussetzungen.

Wie kann man euch buchen?
Man findet uns über unsere Homepage (www.digital-fitness.at) und kann dort Kontakt mit uns aufnehmen. Wir bieten individualisierte Pläne an, die über ein vorhergegangenes (kostenloses) Skype-Gespräch auf jeden eSportler eigens abgestimmt werden. Die zweite Möglichkeit sind unsere allgemeiner gehaltenen Pläne, die auf bestimmte Spiele-Genres (bspw. Shooter oder Strategie) abzielen, aber keine individualisierten Inhalte haben. Einige dieser Pläne werden ab Juni verfügbar sein, andere erst etwas später. Wir betrieben Digital Fitness ja gerade auch noch nebenberuflich und möchten nur hochqualitative Sachen anbieten und geben bspw. zu den Übungen in den Plänen Extra-Videos mit, was natürlich mit etwas Aufwand verbunden ist. Alternativ kann man uns sonst auch auf unserem YouTube-Kanal (https://www.youtube.com/channel/UCUiuB_ffpSxJSPhMOREAERw) besuchen, wo wir Videos mit Einsteigerübungen, etc. kostenlos hochladen.

Was erwartet einen Spieler, wenn er bei euch ein Training bucht?
Wie erwähnt starten wir mit einem Skype-Gespräch, um über die Ziele zu sprechen, das aktuelle Level und Dinge wie verfügbare Zeit, etc. Zudem wollen wir den Athleten natürlich auch erstmal kennenlernen. Das erste Gespräch ist kostenlos, dauert ca. 30 Minuten und danach überlegen wir uns auf Basis der Informationen eine Herangehensweise und wie die Ziele zu erreichen sind. Wir setzen uns dann wieder mit dem Athleten in Verbindung und besprechen unsere Vorschläge und arbeiten einen Masterplan aus. Bei dem Gespräch kann sich der eSportler dann entscheiden, ob er unser Angebot wahrnehmen möchte oder nicht. Wie die konkrete Betreuung dann aussieht, ist auch abhängig von der Art des Plans, etc.

Noch seid ihr mit eurer Idee ein Pionier in Österreich. Was meint ihr, wann wird eSport und das dazugehörige so alltäglich wie konventioneller Sport?
Der Blick in unsere Glaskugel hat uns verraten, dass es nicht mehr allzu lange dauern wird ? Nein Spaß, das kann glauben wir niemand so richtig abschätzen. Wir glauben aber, dass sich der eSport in eine sehr gute Richtung entwickelt und besonders durch Vorreiterrollen wie Pro-Gamer, die auch auf ihren Lebensstil und einen gesunden Körper achten, vormachen, wie wichtig das Thema ist. Gaming selbst ist ja zudem bereits für viele alltäglich. Wir möchten helfen, dass es jeder auch sehr lange, ohne körperliche Probleme und auf einem noch höheren Niveau betreiben kann.

Vielen Dank für eure Zeit!

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